Müssen es denn immer Sterne sein, die man verschlingt? Meine Antwort: Nein! Es gibt so viele gute, ehrliche Köche, die auch ohne Sternchen, Häubchen, Schürzchen und was es alles gibt, zu überzeugen wissen. Na dann mal rein ins Experiment und schauen, was die Küche im Gesellschaftsraum so zu bieten hat.
Das Konzept, eigenwillig, immer auf krasse Kontraste aus, Fisch, Fleisch, Obst, Gemüse, alles wild gemixt und wieder zusammengeworfen. Vorurteile: Lassen wir heute weg. Wir wollen überrascht werden. Und dann gab’s erstmal einen Apéritif. So jetzt aber los. Mit dem Gruß aus der Küche: Lachs, gebeiztes Reh und Guacamole mit Nüssen. Beeindruckend vor allem die Guacamole. Ungewöhnlich, aber richtig gut, schmotzig sagen wir im Badischen.
Jetzt mal der erste Gang, Zitronenwachtel mit Aalcreme Brulée auf Auberginen-Aprikose und auf dem anderen Teller eine Hopfen Lammnuss mit Vanille Jakobsmuscheln auf Physalis Fenchel. Surf and Turf ist hier Gesetz.
Als nächstes die paprikageeiste Melonen Gazpacho mit Muschel Kaninchen und Seleriepüree. Erfrischend das Gemüsesüppchen und auch die Muscheln und das Kaninchen passen erstaunlicherweise gut zueinander. Leckere Kombi, gut zubereitet, was will man mehr?
Es folgt Ochsen Ricotta Raviolo mit Hummer und Maracuja Mangold. Der Hummer gut gegart, zart und und mit typischen Biss – gut dazu die Kombination mit der Ravioli und den getrockneten, natürlich sauren Tomaten.
Der nächste Gang versetzt einen dann in die Kindheit. Fast, bis auf den Anteil Alkohol. Kombuchaminz Sorbet mit Bockbierschaum und Mango Ahoj – witzige Sache, vor allem weil in der Spritze kein Wasser, sondern juhu, Wodka ist. Wohl dem, der einen richtig großen Mund hat, Achtung großvolumig! Und bitte: Nicht einatmen!
Die Hauptgänge bestehen aus Rinder Parmesan Forelle auf Austern Pfirsich mit Polenta Focaccia und teuflischer Maibock auf Rharbarber Sargel und gebackenem Holler. Alle Komponenten für sich sind wirklich top, aber bei diesem Gang stellt sich die Frage, ob nicht weniger mehr wäre.
Der Seeteufel, der arme Kerl, geht leider komplett unter der sehr aromatischen, super zum Fleisch passenden Soße unter. An sich ein klasse Fisch, gut gegart, aber er warum bekommt er nicht die Möglichkeit alleine zu glänzen?
Auch die Desserts sind auf starke Kontraste aus. Für Harald wurde angerichtet: Pinien Buttermilch Tiramisu mit Aprikosen und Apfelkucheneis und für mich dunkles Szechuan Schokoladen Mousse auf Physalis und Erdbeer Süßkartoffel Parfait. Die Mousse, schön schokoladig, nicht zuviel Sahne, das Parfait eher etwas zu fest – schade, dass geht besser.
Und was gab’s sonst noch so zu trinken? Der Gesellschaftsraum hat eine gute Auswahl, seht selbst:
Was lässt sich also als Fazit ziehen? Im Gesellschaftsraum kann man ein paar schöne Stunden mit außer- und ungewöhnlichem Essen, sowie einem herzlichen Service und einem ebenso herzlichen und gutgelaunten Inhaber & Küchenchef verbringen. Und es wurde ein langer Abend. Alles ist hier sehr locker. Die Küche kann handwerklich so einiges, soviel steht fest. Allerdings stellt man sich die Frage, ob sie immer auf Gegensätze gepolt sein muss, aber hier: Ein unumstößliches Gesetz. Ein Diktat. Eine Doktrin. Ein zwanghaftes Muß. Würden Komponenten vielleicht ihr Potential alleine etwas besser entfalten? Aber wie immer – das ist Ansichts- und Geschmacksache. Auf jeden Fall eine gute Münchener Adresse um leger mit Freunden ein paar Mußestunden zu verbringen.
Gegessen und getrunken haben Alex und Harald. Geschrieben hat´s Alex.